Solidarität bringt mehr als Neiddebatten!

AK Präsident Erwin Zangerl sparte anlässlich seines Berichts im Rahmen der AK Vollversammlung nicht mit Kritik am Kurs der Regierung und forderte ernsthaftere Politik für die arbeitenden Menschen in diesem Land ein: „Es stellt sich mehr denn je die Frage, wie es die Regierung mit den Arbeitnehmer-Familien, mit dem Wert der Arbeit und den Arbeitnehmer-Vertretungen hält. Denn eines steht fest: Menschen sind keine Automaten. Die Arbeitnehmer-Familien leben nicht, um zu arbeiten – sondern sie arbeiten, um davon zu leben! Sorge bereitet, dass die Regierung den Dialog verweigert und stattdessen allzu einseitig parteipolitisch agiert. Bei allen Problemen nur die Ausländerkarte zu zücken, schürt unnötige Konflikte und gefährdet den sozialen Frieden.“

Zangerl betont in seiner Rede auch die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft und ihre lange Tradition in der 2. Republik. „Demokratie und die damit verbundenen Freiheiten sind die größte Errungenschaft unserer Zeit, die es zu verteidigen gilt. Dafür setze ich mich ein und dafür wurde ich von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewählt,“ so der AK Präsident.

Zangerl: „Hinter vielen Maßnahmen im Bund verstecken sich leider allzu oft Marketinggags, politische Umfärberei und ein versuchter Systemumbau. Es geht um die Zentralisierung der Kassen, um Verschlechterungen bei wichtigen sozialen Errungenschaften und um tiefe Einschnitte im Bereich der demokratischen Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft. Kurzgefasst: Eingriffe in all jenen Bereichen, in denen die Arbeitnehmer demokratisch mitbestimmen, und die Regierung ihrer Meinung nach noch zu wenig Macht und keinen Einfluss besitzt.“

Mit dieser Strategie soll ein weltweit erfolgreiches System sturmreif geschossen werden. Das ist Politik der untersten Schublade. Der AK Präsident appellierte an die Regierung: „Es braucht wieder Solidarität und Zusammenhalt statt Neiddebatten. Augenmaß und Zusammenhalt sind Tugenden, die Österreich in den letzten Jahrzehnten zu einem der wohlhabendsten Länder gemacht haben. Finden Sie wieder zurück zum Dialog und arbeiten Sie für und mit den die Menschen.“

Zurück zum Dialog.

„Statt Herausforderungen im Bereich der Arbeitswelt, vor allem der Digitalisierung, gemeinsam anzugehen, verweigert die Regierung die Zusammenarbeit und diktiert jeden Tag neue Spielregeln. Statt die Zukunft positiv zu gestalten, erleben wir derzeit einen Angriff auf unseren Sozialstaat an mehreren Fronten. Es handelt sich bei all diesen Maßnahmen um den Versuch, auf von den Sozialpartnern selbstverwaltete Einrichtungen direkt zuzugreifen, um die Macht zu übernehmen. Dabei sind die Selbstverwaltungen demokratisch gewählte und legitimierte Einrichtungen. Das stellt einen massiven Anschlag auf die Demokratie dar, den es in dieser Form in den unseligen Jahren 1934 und ihren schlimmen Folgejahren gegeben hat“, so der AK Präsident.

„Unser Land hat sich stets ausgezeichnet durch den Dialog, durch Meinungsvielfalt und durch gegenseitige Akzeptanz und Toleranz. Diese Tugenden scheinen nichts mehr zu zählen. Sozialpartner und Experten werden auf die Seite geschoben, es wird parteipolitisch agiert und agitiert. Ist das die neue Form des Regierens, die uns versprochen wurde? Aus der Geschichte sollten wir gelernt haben, dass Ausgrenzen und Nicht-Miteinander-Reden eine immense Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen. Wer den Dialog verweigert, verlagert die Konflikte auf die Straße. Wir sagen Nein zu jeder Form der Zentralisierung und zur Entmachtung der Regionen, Länder, Gemeinden und Kammern.

Finger weg von solidarischen AK Beiträgen.

„Die AK als größte gesetzliche Interessenvertretung darf nicht in ihren wichtigen Aufgaben für unser Land und für die Arbeitnehmer-Familien beschnitten werden, etwa durch Kürzung der AK Umlage. Die enormen Leistungen, die die AK erbringt – und das für im Schnitt 7 Euro pro Monat – können durch nichts ersetzt werden. Allein die jährlichen Zuwendungen der AK an das Land Tirol und seine Arbeitnehmer summieren sich auf fast 6,5 Millionen Euro. Ganz zu schweigen von den mehr als 335.000 Beratungen und den 51,4 Millionen Euro, die die AK für Tirols Beschäftigte jährlich erkämpft.

Sollte die AK Umlage in Frage gestellt werden, würde das für jedes einzelne AK Mitglied eine maximale Senkung von 1 bis 2 Euro ausmachen. Aber für die Arbeiterkammer als solidarische Gemeinschaft der Beschäftigten würde dies mit einem Schlag eine Reduktion ihres Budgets von 20 oder gar 40 Prozent bedeuten! Ein Unternehmen, das mit einem Schlag 40 Prozent seines Umsatzes verliert, gerät in größte Turbulenzen! Wie bei jedem anderen Betrieb müssten Leistungen und Arbeitsplätze massiv zurückgefahren werden, um einen derartigen Verlust auszugleichen: Will das die Regierung wirklich? Will man das Schutzhaus der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so massiv schwächen, dass die Beschäftigten dann ohne Schutz sind? Dabei sind die Arbeiterkammern bereits jetzt sehr sparsam unterwegs. Der Vergleich mit unserem Sozialpartner auf der Arbeitgeberseite macht sicher. Hier gibt es ein Siebtel unserer Mitglieder bei einem doppelt so großen Budget.“

Zum Thema AK Mitgliedsbeitrag erklärte der AK Präsident: „Wir haben 5.000 Mitglieder zur Höhe des Beitrags befragt. Mehr als 80 Prozent sagen: Die Leistung passt zum Beitrag. Wissen sollen alle AK Mitglieder, dass es beim AK Beitrag im Schnitt um 7 Euro im Monat geht, das sind umgerechnet zwei Capuccini.“

Zum Thema Leistungsträger.

„Weder die Regierung noch die Parteien sichern unseren Sozialstaat. Es sind die Arbeitnehmer-Familien, weil sie mit ihren Steuern und Abgaben den Hautpanteil zum Funktionieren unseres Staates und unseres Sozialsystems beitragen. Auch die beschäftigungsintensiven Betriebe leisten mit ihren Abgaben einen wichtigen Beitrag. Doch genau diese Gruppen werden bestraft, weil der Anteil der Arbeitseinkommen sinkt, derjenige der Kapitaleinkommen steigt. Mit Spekulationen werden hohe Gewinne gemacht, ohne dass darauf Abgaben anfallen. Darauf ist unser Sozialsystem nicht vorbereitet. Immer mehr Tätigkeiten von Arbeitnehmern werden durch Maschinen, Roboter oder Computer ausgeführt“, so Zangerl. Die große Herausforderung ist die Digitalisierung, die enorme gesellschaftliche Veränderungen bringt. Diese muss man gestalten. Dazu kommt das wichtige Thema Bildung. Wir als Arbeiterkammer befassen uns schon lange mit all dem. Die Gewinne aus dem künftigen Produktivitätsschub müssen allen zugutekommen.“

Erfolgsmodell Sozialpartnerschaft.

„Die Sozialpartnerschaft ist das Erfolgsmodell unserer Zweiten Republik und hat Frieden und Wohlstand gebracht. Die Sozialpartnerschaft hat immer gemeinsam mit der Regierung wichtige Maßnahmen umgesetzt, damit es den Menschen in unserem Land besser geht. Die größten Errungenschaften im Wirtschafts- und Sozialbereich wurden dank der gemeinsamen Anstrengungen durch einen fruchtbaren Dialog zwischen Regierung und Sozialpartnern in den letzten 75 Jahren erzielt. Diesen Weg des Miteinanders sollten wir wieder einschlagen. Groß geworden sind wir, weil wir trotz aller Unterschiede immer zusammengearbeitet haben. Getragen immer von der Überlegung, was für den anderen zumutbar ist – und nicht von dem. was die eigene Macht stärkt.“

Arbeit muss sich lohnen.

Tirols Beschäftigte arbeiten, um zu leben – und nicht umgekehrt. Umso wichtiger ist der wertschätzende Umgang mit ihrer Leistung. Dazu gehört die Forderung nach einem Mindestlohn von 1.700 Euro, damit sich die Beschäftigten auch das Leben leisten können. Als Ausgleich zum 12-Stunden-Arbeitstag und der 60-Stunden-Woche gehört als nächster Schritt das gesetzlich verankerte Recht auf die 4-Tage-Arbeitswoche.

Sozialstaat.

Jeder von uns kann in eine Notlage geraten, umso wichtiger ist ein funktionierender Sozialstaat. Beim Bildungs- und Schulwesen, bei Pension, Krankheit oder Pflege, bei Arbeitslosigkeit oder Erwerbslosigkeit darf nicht auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger gespart werden. Dank unseres Sozialstaats leben wir in einem der reichsten Länder der Welt. Unser Sozialstaat funktioniert vor allem durch die Beiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Leistungsträger unseres Landes sind.

Hoher Wert Demokratie.

Ich bekenne mich zum Wert unserer demokratischen Gesellschaft. Jede Form von Nationalismus und Radikalismus ist abzulehnen. Nationalismus darf nicht mit Patriotismus gleichgesetzt werden. Wir müssen gemeinsam entschieden gegen alle derartigen Tendenzen auftreten.

Steuerautonomie.

Jede Senkung der Steuerlast ist zu begrüßen, wenn sie auch fair finanziert wird und sich nicht die Steuerzahler den Großteil selbst bezahlen müssen. Die jetzt vorgestellte Reform soll erst ab den Jahren 2021/22 wirksam sein. Die kalte Progression soll gar erst ab dem Jahr 2023 abgeschafft werden. Somit zahlen sich die Arbeitnehmer-Familien die Steuerreform in Wirklichkeit selbst. Tirol ist Bruttozahler und die Arbeitnehmerschaft leistet 80 Prozent des gesamten Steueraufkommens. Umso wichtiger ist der Vorschlag der westlichen Bundesländer nach einer echten Steuerautonomie.

Gerechtigkeit in der Arbeitswelt.

Gerechtigkeit darf keine Einbahnstraße sein. Das betrifft auch Verstöße gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen. Im letzten Jahr wurden in Österreich 43 Millionen Überstunden unentgeltlich geleistet, das entspricht der Zahl von zusätzlichen 25.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Der Anspruch auf Überstundenentgelt erlischt oft schon nach drei Monaten. Und wird ein Arbeitgeber zur Nachzahlung angewiesen, bleibt er völlig straffrei. Schwarzen Schafen bringt das einen unlauteren Wettbewerbsvorteil und den Beschäftigten oft langwierige Verfahren. Hier müssen Strafmaßnahmen möglich sein, um schwarzen Schafen das Handwerk zu legen. Die AK fordert ein Überstunden-Duplum, ein Aus für die kurzen Verfallsfristen, Abschaffung der Konkurrenzklauseln, einen Kündigungsschutz im Krankenstand, die 6. Urlaubswoche nach 25. Arbeitsjahren, das Recht auf die 4-Tages-Arbeitswoche, Verbesserungen bei der Elternkarenz und Einführung des Papamonats sowie eine faire Anrechnung der Kinderzeiten bei Gehaltserhöhungen und in der Pensionsanrechnung. Maßnahmen zu setzen sind auch durch die drohenden finanziellen Verluste durch die Abfertigung Neu.