„Wer auf freien Markt vertraut, wird im Winter frieren!“

Der Kampf gegen Teuerung und Energiekrise würde an zwei Fronten geführt, sowohl auf der europäischen Ebene, wie auf der österreichischen, so AK Präsident Zangerl. „Und wir sehen einmal mehr, dass da wie dort viele Fehler gemacht wurden, vor allem aufgrund von Lobbyismus und Klientelpolitik. Das fällt nun den Österreicherinnen und Österreichern auf den Kopf“, sagt Zangerl.

Man habe jetzt gesehen, dass Putin das Erdgas quasi als Waffe einsetzt und damit die Grundlage für die Marktmanipulation liefert. „Auch wenn spät darauf reagiert wird, so wird zumindest jetzt gehandelt“, sagt Zangerl und fordert, dass Gas- und Strompreise entkoppelt werden müssen und das Merit-Order-Prinzip, wonach Kraftwerke mit den höchsten Kosten den Strompreis bestimmen, schnellstens geändert gehört. „Ebenso bleibe ich dabei, dass Übergewinne abzuschöpfen sind und in die Entlastung der Bevölkerung bzw. in den Ausbau erneuerbarer Energieträger fließen müssen“, stellt Zangerl klar.

Kritik übt Zangerl an den Aussagen von Wirtschaftswissenschaftern, dass ein „toxischer Cocktail einer Marktintervention“ und eine „Energieplanwirtschaft“ drohe. „Das ist die klassische neoliberale Sicht. Dabei wird verschwiegen, dass der Markt ständig manipuliert wird, wenn es um die Gewinnoptimierung geht. Und dann kommt es eben wieder zum Exzess, siehe Bankenkrise oder jetzt eben Energiekrise. Nehmen wir nur das Beispiel Pellets: Hier liegen uns Informationen vor, dass der Preis von der Pellets-Lobby künstlich hochgetrieben und eine Verknappung inszeniert werden. Deshalb haben wir auch die Bundeswettbewerbsbehörde angerufen, die der Sache nun nachgehen wird.

In so einer Extremphase wie jetzt würden die Kriegsgewinnler und die ganzen Verflechtungen und Verfehlungen sichtbar. „Der freie Markt zeigt in solchen Situationen eben sein wahres Gesicht. Und seien wir uns ehrlich: Wenn sich ein Energieunternehmen wie die OMV bis 2040 von einem Anbieter abhängig macht,  dann ist das wohl das Musterbeispiel für eine Energieplanwirtschaft. Das hat keiner der Wirtschaftsweisen wirklich angeprangert und wohin uns diese Form der Abhängigkeit führt, zeigt sich jetzt deutlich“, kritisiert Tirols AK Präsident.

Jetzt dürfe es, so Zangerl, keine Denkverbote mehr geben, in den Markt einzugreifen, um die Preise zu senken. Denn wenn nicht, würden schwere soziale Verwerfungen drohen. Hilfen und Unterstützungen müssen aber zielgerichteter werden und es braucht leicht administrierbare Hilfen. „Ich hatte zwar gehofft, dass man aus der Vergabe der Corona-Hilfen gelernt hat, leider ist das nur bedingt der Fall“, sagt Zangerl.

Kurzarbeit und Pleiten vermeiden

Die Energiekosten müssten aber noch aus einem anderen Grund sinken, denn wenn es deshalb zu Kurzarbeit, vermehrten Betriebsschließungen oder sogar Pleiten kommen würde, sei niemandem geholfen. Zangerl: „Leidtragende sind dann einmal mehr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dass die Konsumlaune deshalb zur Zeit schlechter ist als zur Zeit der Bankenkrise 2008, braucht da nicht zu verwundern. Ein Grund mehr, um den Markt zu stützen und endlich Strukturreformen auf den Weg zu bringen“, fordert Zangerl.

Neue Wege, auch in Tirol

Bei Corona hieß es, „Koste es, was es wolle!“ – das erwartet sich Zangerl im Sinne der Beschäftigten auch in puncto Bewältigung der Energiekrise. „Zudem erwarte ich mir eine Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger, damit die Preisspirale zumindest gestoppt wird. Es darf keine Denkverbote mehr geben und Profilierungsneurosen sind hinten an zu stellen. Auch müssen wir in Tirol endlich alle Kräfte bündeln und neue Wege gehen. Etwa ein Kompetenzzentrum schaffen, wo Interessierte und Arbeitsuchende unter anderem in Gebäudetechnik und Elektromobilität ausgebildet werden, um Photovoltaikanlagen errichten zu können. Hier könnte auch eine Fülle von Lehrberufen angesiedelt sein, vom Heizungstechniker bis zum Ofensetzer –  Berufe, die die Zukunft bestimmen werden und die uns derzeit fehlen“, bringt Zangerl ein zukunftsträchtiges Projekt ins Spiel. Denn die Energiewende scheitere letztlich nicht am Geld, sondern am Fachpersonal, das sie durchführen soll, so Zangerl abschließend.